RAMBASS, NACHTGRABB UND GRASDACKEL
Als Nicht-Schwabe braucht man schon ein Schwäbisch-deutsches Wörterbuch, will man verstehen, was die Namen auf Gerd Kellers Etiketten eigentlich bedeuten. Rambaß steht da beispielsweise, Schella und Nachtgrabb, Fetz und Gsälzbär, Graßdackel, Bruddler oder Hannah.
Rambaß heißt Grobian oder wilder Kerl, Schella steht für freches Mädchen, Nachtgrabb bedeutet Nacht-Gespenst oder Nachtschwärmer, Fetz steht für Verschwender oder Lump, ist aber liebevoll gemeint, so wie auch der Gsälzbär, der ein Dummkopf ist - oder jemand der gerne Marmeladenbrot isst. Der Bruddler ist ein Nörgler, der Grasdackel ein Dummkopf, Hannah aber ganz einfach der Name von Gerd Kellers Nichte.
Wein haben auch schon Gerd Kellers Eltern angebaut, die Trauben aber an die Genossenschaft abgeliefert. Gerd Keller aber wollte selbst Wein machen, hat mit 17 seinen ersten Weinberg gekauft, im Jahr 2000 seinen ersten Wein gemacht. Gelernt hat er drei Jahre lang bei Hans-Peter Wöhrwag, hat bei Mosbacher in der Pfalz gearbeitet und bei Bründlmayer in Langenlois, erst seit 2013 kümmert er sich ganz und ausschließlich um sein eigenes Weingut. Nach und nach hat er die Flaschenzahl erhöht, neue Reben gepflanzt und neue Sorten, neue Weine eingeführt - mit neuen Namen.
Am Geigersberg in Ochsenbach hat er brachliegende Terrassen rekultiviert, dort Lemberger gepflanzt, aber auch Cabernet Sauvignon und Merlot, inzwischen gibt es auch Syrah in seinen Terrassen. Ochsenbach liegt im Kirbachtal, dem nördlichsten der drei Täler, die den Stromberg durchschneiden. In diesem Kirbachtal liegen alle Weinberge von Gerd Keller, in Hohenhaslach, wo er zuhause ist (genau genommen im ehemaligen Niederhaslach), in Ochsenbach und weiter westlich im Tal in Häfnerhaslach, wo die Reben bis in 370 Meter Höhe stehen. Die Hänge sind recht steil, aber da die Weinberge im Kirbachtal weitestgehend flurbereinigt sind, kann man die Weinberge maschinell bearbeiten. Keuperböden findet man im ganzen Kirbachtal, in unterschiedlicher Ausprägung, Stubensandstein in Häfnerhaslach, Bunten Mergel im oberen Teil der Hohenhaslacher Weinberge, Gipskeuper weiter unten.
Im Heiligenberg in Häfnerhaslach baut Gerd Keller seinen Frosch genannten Riesling an, aber auch Spätburgunder, Schwarzriesling und Portugieser, letzterer ist Hauptbestandteil im Rambaß, im wilden Kerl. Von den Terrassen in Ochsenbach erzeugt er die Geigenspiel genannte Cuvée aus Cabernet Sauvignon und Merlot, dazu Lemberger, zukünftig wird es noch einen reinsortigen Syrah vom Geigersberg geben.
In Hohenhaslach baut man im unteren Teil des Hanges, auf den schwereren Böden, meist rote Rebsorten an. Gerd Keller hat im ursprünglichen Kirchberg – vor hundert Jahren eine von fast 20 Hohenhaslacher Einzellagen – Trollinger stehen, sein Alte Reben-Trollinger kommt von hier. Auch sonst baut er im unteren Teil des vorderen Bergs, wie der östlich von Hohenhaslach gelegene Berg heißt, rote Sorten an, Spätburgunder und Lemberger vor allem. Weiter oben im Hang hat er Grauburgunder stehen, ganz oben, am Waldrand, im ursprünglichen Teufelsberg, steht Riesling, von hier kommt der Nachtgrapp, aber auch der Riesling von alten Reben.

Seit sein Vater gestorben ist, bewirtschaften Gerd Keller und seine Mutter die Weinberge allein, mit Saisonaushilfskräften, versteht sich. Im Keller hat Gerd Keller ohnehin schon immer nach seinen Vorstellungen gearbeitet, die Rotweine maischevergoren – bis zu sechs Wochen lässt er sie auf der Maische – und die Weine überwiegend trocken ausgebaut, was in Württemberg alles andere als selbstverständlich ist.
Auch den Muskat-Trollinger will er trocken ausbauen, den Muskateller vielleicht für seine Schella-Cuvée nutzen, die bisher jeweils zur Hälfte aus Kerner und Gewürztraminer besteht, Sauvignon Blanc und Weißburgunder kommen neu ins Programm, auch wenn Gerd Keller eigentlich sein Programm nicht noch weiter vergrößern will. Bei Spätburgunder und Lemberger will er die Lagen herausarbeiten, sie sollen zusammen mit Riesling die wichtigsten Sorten bleiben, aber ausprobieren will Gerd Keller eben auch, was er mit der Geigenspiel-Cuvée geschafft hat, soll auch mit Syrah möglich sein, da ist er sich sicher, man muss die Erträge nur niedrig halten, dann wird auch Syrah reif im Kirbachtal. Man darf schon gespannt sein, welche Namen ihm noch einfallen, für den Syrah und die anderen neuen Weine, den kleinen Schwäbisch-Kurs für Nicht-Schwaben.
© 2016 Gerhard Eichelmann/Mondo Heidelberg