




Weinbau in Württemberg
Württemberg ist der Fläche nach das viertgrößte deutsche Weinbaugebiet. Das Weinbaugebiet erstreckt sich vom württembergischen Teil des Taubertals im Norden bis zum württembergischen Teil des Bodensees im Süden, auch die Weinberge im bayerischen Teil des Bodensees sind weingesetzlich Württemberg zugeordnet. Zwei Besonderheiten zeichnen Württemberg aus: Hier werden zwei Drittel der Ernte über Genossenschaften vermarktet, und Württemberg ist neben dem Weinbaugebiet Ahr das einzige deutsche Anbaugebiet, in dem mehr rote als weiße Trauben angebaut werden, 70 Prozent.
Vermutlich haben schon die Römer Wein in Württemberg angebaut, urkundlich belegt ist Weinanbau seit dem 8. Jahrhundert. Mit der Ausbreitung der Klöster weitete sich auch der Weinanbau aus, in vielen Orten wurden Keltern errichtet, Weinbau wurde zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor in Württemberg, man schätzt die Weinbaufläche vor Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges auf 40.000 Hektar, wie überall in Deutschland wurden die Rebsorten im gemischten Satz angebaut. Die in Württemberg seit dem 16. Jahrhundert praktizierte Realerbteilung, mit der alle Kinder den gleichen Anteil am Familienvermögen erben, führte dazu, dass die Weinbaubetriebe immer kleiner wurden, dies ist der Grund dafür, dass sich bereits im 19. Jahrhundert Weingärtnergenossenschaften etablierten, die heute noch das Gros der Württemberger Weine vermarkten. Im 20. Jahrhundert ging die Rebfläche weiter stark zurück, hat sich aber nach Tiefstständen in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg seither wieder verdoppelt auf über 11.000 Hektar.
Das Weingesetz unterteilt Württemberg in 6 Bereiche von sehr unterschiedlicher Größe. Die Bereiche Württembergischer Bodensee und Bayerischer Bodensee fallen mengenmäßig kaum ins Gewicht, ebenso wenig der Bereich Oberer Neckar, in dem die Weinberge bei Tübingen und Reutlingen zusammengefasst sind. In einem vierten Bereich sind die Weinberge an Tauber, Kocher und Jagst zusammengefasst, Kocher und Jagst sind Nebenflüsse des Neckars, die Tauber ist ein Nebenfluss des Mains. Noch im 19. Jahrhundert war Weinbau an allen drei Flüssen ein Haupterwerbszweig, seither ist die Rebfläche stark zurückgegangen, gut 400 Hektar Weinberge gibt es noch, vor allem am Kocher und an der Tauber (einschließlich des Vorbachtals). Die Reben wachsen an allen drei Flüssen überwiegend auf Muschelkalkböden.
Der fünfte Bereich Stuttgart-Remstal fasst die Weinberge in den verschiedenen Stuttgarter Stadtteilen sowie im östlich angrenzenden Remstal zusammen. Während einige Stuttgarter Lagen am Neckar Muschelkalkböden aufweisen, herrschen in diesem Bereich unterschiedliche Keuperschichten vor. Zum Bereich Stuttgart-Remstal gehören auch die Weinberge am Hohenneuffen, wo die Reben teils auf weißem und braunem Jura, teils auf Vulkanböden wachsen. Der mit Abstand größte Bereich trägt den Namen Württembergisch Unterland und umfasst Hohenloher Land, Weinsberger Tal, Mittleres und Unteres Neckartal, Heuchelberg und Zabergäu, Stromberg und Enztal, Schozachtal und Bottwartal. Die Böden bestehen überwiegend aus unterschiedlichen Keuperformationen, vor allem am Neckar findet man auch Muschelkalkböden.
Wichtigste rote Rebsorte und Württemberger Spezialität ist der Trollinger, dessen Anbau zwar in den letzten Jahren leicht zurückgegangen ist, der aber immer 20 Prozent der Fläche einnimmt. Ein zweiter Stelle steht inzwischen der Lemberger (in Österreich Blaufränkisch genannt), dessen Anbau sich in den letzten fünfzig Jahren verfünffacht hat und damit den lange Zeit an zweiter Stelle liegenden Schwarzriesling überholt hat. Schwarzriesling (der „Pinot Meunier“ der Champagne) liegt deutlich an dritter Stelle, ist derzeit aber leicht rückläufig im Anbau, was neben Lemberger vor allem dem Spätburgunder zu gute kommt, der in den letzten Jahrzehnten kräftig zugelegt hat und heute knapp 1.000 Hektar in Württemberg einnimmt. Es folgt Samtrot als Württemberger Spezialität, eine Mutation des Schwarzrieslings, die sortenrechtlich als Klon des Blauen Spätburgunders eingestuft wird, bezeichnungsrechtlich ein Synonym des Blauen Spätburgunders ist. Hinter Samtrot folgt Dornfelder, danach Acolon, eine der Weinsberger Neuzüchtungen, zu denen auch Cabernet Mitos, Cabernet Cubin und Cabernet Dorsa gehören, die alle im letzten Jahrzehnt an Boden gewonnen haben, inzwischen aber ist die anfängliche Euphorie vorüber. Der große Verlierer unter den roten Rebsorten ist der Portugieser, der vor fünfzig Jahren noch die klare Nummer Zwei unter den roten Württemberger Rebsorten war. Muskattrollinger ist eine weitere Württemberger Spezialität, Zweigelt findet man vor allem im Remstal, dazu gibt es Regent und internationale Rotweinsorten wie Merlot (ebenfalls vor allem im Remstal), Cabernet Sauvignon oder Syrah. Der im Heilbronner Raum verbreitete Clevner, oft fälschlicherweise als Frühburgunder bezeichnet, ist sortenrechtlich wie der Samtrot ein Klon des Blauen Spätburgunders.
Bei den weißen Sorten dominiert der Riesling, der knapp 19 Prozent der gesamten Rebfläche einnimmt, aber in den letzten Jahrzehnten ein klein wenig an Boden verloren hat. Mit weitem Abstand folgt an zweiter Stelle der weißen Anbaustatistik Müller-Thurgau, der schon in den siebziger Jahren die Nummer Zwei unter den weißen Württemberger Rebsorten war, dann zwischenzeitlich vom Kerner überholt wurde, der aber in den letzten Jahren noch stärker im Anbau zurückgegangen ist als der Müller-Thurgau. Hinter Müller-Thurgau folgt Kerner, der nach einer Boomphase seit den siebziger Jahren heute im Anbau stark rückläufig ist. Es folgen Grauburgunder und Weißburgunder, die beide zuletzt zugelegt haben, dann der Silvaner, vor fünfzige Jahren noch die klare Nummer Zwei hinter dem Riesling, der heute nur noch eine Außenseiterrolle spielt. Wichtiger geworden sind zwei internationale Rebsorten, Sauvignon Blanc und Chardonnay.